Am 19.03.2024 fand in Kooperation mit dem Martinusforum die durch die Suchtberatungsstelle der Caritas Aschaffenburg initiierte Veranstaltung und Podiumsdiskussion „Cannabis – eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung“ statt. Die Resonanz war mit knapp 300 Teilnehmer*innen groß. Neben Daniel Elsässer, dem Leiter der Suchthilfe im Caritasverband, waren Prof. Dr. Dominikus Bönsch, der Direktor des Bezirkskrankenhaus Lohr, und Dr. Siegfried Schlett, Arzt und Apotheker, Teilnehmer auf dem Podium.
Andreas Bergmann vom Martinusforum moderierte den Abend und fing, unterstützt durch seinen Kollegen Burkhard Vogt, die Meinungen und Fragen des meist fachkundigen Publikums ein. Anwesend waren Sozialpädagogen, Psychologen, Ärzte, Psychiater, Polizisten, Bewährungshilfe, Betriebe, Präventionsfachkräfte, Berater, Jugendarbeiter und viele mehr. Man sieht, dass Thema regt an und auf. Die drei Referenten stiegen zu Beginn mit pointierten Statements ein, um die Diskussion zu beginnen und sprachen mit dem Publikum im Verlauf zu den Themen Jugendschutz, medizinisches Cannabis, Fahreignung, Psychoserisiko und vielen weiteren Themen.
Einige wesentliche Aussagen aus dem Eingangsstatement von Daniel Elsässer im Wortlaut:
- „Die von der Regierung in dieser Form vorgeschlagene Legalisierung von Cannabis ist kaum zumutbar.
- Ich habe wenig Hoffnung, dass das Gesetz eine spürbare Verbesserung für den so wichtigen Gesundheitsschutz, den Jugendschutz und die Prävention bringt.
- Die ersten Joints können wesentlich riskanter sein als die ersten Biere.
- Die Probleme unserer Klienten stehen in aller Regel nicht oder nur selten im Zusammenhang mit verunreinigtem Cannabis. Auch nicht mit Problemen die durch einen illegalen Erwerb oder den Schwarzmarkt einhergehen. Vielmehr sind es die klassischen Themen einer jeden Suchterkrankung.
- Durch den in Zukunft erlaubten öffentlichen Konsum entsteht eine informelle Werbung.
- Die Erlaubnis des Konsums in der Öffentlichkeit ist ein Fehler. Warum beschränkt sich der Konsum nicht auf die privaten Räume? Das wäre das einfachste anzunehmende Prinzip der Verhältnisprävention.
- Wer Cannabis legalisiert muss Prävention- und Beratungsmöglichkeiten stärken.
- Die Suchthilfe ist personell und strukturell auf eine weiter steigende Nachfrage, oder gar zusätzliche Aufgaben, nicht vorbereitet. Das Gesetz kommt weit bevor wesentliche Weichen für Angebote der Prävention und Beratung entstehen konnten. Wenn diese überhaupt entstehen!
- Die finanzielle Situation der Beratungsstellen ist weiterhin prekär. Eine gezielte Cannabisprävention findet vielerorts nicht statt. Geld und Personal steht dafür nicht zur Verfügung.
- Die beste Prävention ist ein uneingeschränkter Zugang von Jugendlichen zur Suchtberatung. Selbst dieser besteht in Bayern nicht. Hierfür kämpfen wir seit Jahren und müssen resümieren, dass weder die Jugendämter vor Ort, noch die für die Suchtberatung verantwortlichen Bezirke diese Weichenstellung für Personen unter 18 Jahren vorgenommen haben.
In Anbetracht einer Legalisierung, dem fehlenden Jugendschutz und fehlender Prävention ist dies ein Skandal.
- In einer Anbauvereinigung in Aschaffenburg dürfen 500 Personen Mitglied sein. Jedes Mitglied darf 50 Gramm pro Monat erwerben. Der Verein müsste also 25 kg getrocknetes Cannabis pro Monat produzieren. Aus diesen 25 kg Cannabis könnten 100 000 Joints gebaut werden. Im Jahr könnte ein Social Club also 300 kg anbauen. Auf Stadt und Landkreis Aschaffenburg gerechnet dürften 40 solcher Social Clubs entstehen. Das wären 12 Tonnen Gras im Jahr. Wer hat sich diese Mengen überlegt? Al Capone?
- Die Suchtberatung und die Prävention sind auf die Aufgaben personell und finanziell nicht vorbereitet. Wir haben das Fachwissen, das Know How. Wir haben nicht das Geld und das Personal.
- Wer legalisiert muss für Prävention und Beratung sorgen. Konsumkompetenz, Harm Reduction und Aufklärung hätten bereits seit Jahren gefördert werden müssen.
Hier wird legalisiert und die seit Jahren existierenden Probleme werden weiterhin ignoriert.“
Dass die bisher restriktive Drogenpolitik besser war, stellte Daniel Elsässer in Abrede. Die habe den Cannabis-Konsum nicht verhindert. Er hätte sich ein Liberalisierungsgesetz gewünscht mit einer kontrollierten Abgabe in Geschäften und Apotheken und einer Konsumbeschränkung auf den privaten Raum.
Weitere Eindrücke zum Abend erhalten Sie im Artikel des Main Echo: